IT-Recht aktuell

LG Hamburg: Keine Haftung des Anschlussinhabers bei Filesharing durch volljährige Kinder

Wegen Filesharing abgemahnte Eltern können sich glücklich schätzen in Hamburg wegen der Rechtsverletzung ihrer volljährigen Kinder in Anspruch genommen zu werden.

Denn anders als das Oberlandesgericht Köln verneinte das Landgericht Hamburg im Einklang mit dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main und dem Landgericht Mannheim die Haftung des Anschlussinhabers wegen Filesharing auf Unterlassung und Abmahnkosten, wenn volljährige Kinder die Rechtsverletzung begangen haben.

Das Oberlandesgericht Köln hatte noch im Rahmen eines Beschlusses vom 04. Juni 2012 (Az. 6 W 81/12) darauf hin gewiesen, dass die Anschlussinhaberin eines Internetanschlusses für die Rechtsverletzung ihres volljährigen Sohnes einzustehen habe, wenn sie ihm den Anschluss überlassen und keinerlei Maßnahmen ergriffen habe, Filesharing zu verhindern.

Das Landgericht Hamburg hingegen vertrat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses vom 21.06.2012, Az. 308 O 495/11, die Auffassung, eine anlasslose Überwachungspflicht gegenüber volljährigen Kindern bestehe im Hinblick auf die Nutzung des Internetanschlusses nicht. Wörtlich teilte das LG Hamburg mit:

„Die Parteien werden auf folgendes hingewiesen:

Die Frage der dem Anschlussinhaber im Rahmen der Störerhaftung obliegenden Prüfpflichten gegenüber im Haushalt lebenden volljährigen Kindern ist umstritten. Nach dem hiesigen Kenntnisstand hat von den Oberlandesgerichten bisher nur das OLG Frankfurt/M. sich eindeutig dahingehend positioniert, das ohne Anlass keine Pflichten bestehen (GRUR-RR 2008, 73, 74). in gleicher Weise hat das Landgericht Mannheim entschieden (MMR 2007, 267 und 2007, 74). Das OLG Köln hat diese Frage in der von dem Beklagten für sich in Anspruch genommenen Entscheidung vom 16.5.2012 (BeckRS 2012, 10844) ausdrücklich offen gelassen. Das von dem Kläger zitierte Urteil vom 30.5.2005 zu der Geschäftsnummer 310 O 374/11 (Anm.: Urteil des LG Hamburg vom 30.05.2012) betrifft die Haftung für einen im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden 28-jährigen Sohn der Lebensgefährtin.

Die Kammer hat diese Frage noch nicht ausdrücklich entscheiden müssen. Sie neigt der Auffassung des OLG Frankfurt/Main und des LG Mannheim zu. Bei volljährigen Kindern kann davon ausgegangen werden, dass diesen bekannt ist, dass sie solche Rechtsverletzungen im Internet nicht begehen dürfen. Eine Instruktionspflicht wäre daher reine Förmelei. Der Möglichkeit einer Verletzung entgegen wirken könnte letztlich nur ein regelmäßiges Überwachen. Das ist gegenüber volljährigen Familienmitgliedern aber ohne Anlass nicht zumutbar. Die Überlassung des Internetanschlusses beruht auf dem familiären Verbund. Prüfungs- und Überwachungspflichten gegenüber Kindern sind innerhalb dieses Verbundes nur zumutbar, soweit diese im Rahmen von deren Erziehung und der Fürsorge in Abhängigkeit von deren Alter erforderlich sind. Bei volljährigen Kindern müssen Eltern im Regelfall davon ausgehen dürfen, dass diese eigenverantwortlich richtig handeln. In einem – grundsätzlich geschützten – familiären Verbund ist es weder ihnen zumutbar, ein volljähriges Kind ohne Anlass Überwachungsmaßnahmen auszusetzen, noch muss ein volljähriges Kind eine solche anlasslose Überwachung hinnehmen.

Das hätte hier zur Folge, dass nach Aktenlage weder eine Täter- noch eine Störerhaftung in Betracht kommt“

Die Rechtsauffassung ist zu begrüßen. Schwer vermittelbar erscheint lediglich, dass die Rechtsprechung in Deutschland derart widersprüchlich ist. Aufgrund des fliegenden Gerichtsstands scheint der Willkür Tür und Tor geöffnet. Denn es dürfte klar sein, dass abmahnenden Kanzleien Hamburg und Frankfurt am Main zukünftig meiden werden.

 

Quelle: LG HH, Beschluss v. 21.06.2012, 308 O 495/11

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