IT-Recht aktuell

Vorsicht bei Käufen über eBay

Käufe über Versteigerungsplattformen bieten immer wieder Nährboden für Rechtsstreitigkeiten. Dass die Angelegenheit für die Beteiligten teuer werden kann, zeigt der nachfolgend beschriebene Fall in dessen Rahmen die Verkäuferin eines Handys auf Zahlung von ca. 24.000,00 Euro verklagt wurde.

Dem Rechtsstreit lag zugrunde, dass die Beklagte ein Handy zu einem Startpreis von € 1,00 bei eBay als Privatverkauf anbot. Es befand sich insoweit ein Foto von dem Handy auf der Versteigerungsplattform. Außerdem wurde das Handy als „fast neues Vertu Weiss Gold“ –Handy bezeichnet. Ferner teilte die Beklagte mit, sie habe das Handy selbst ersteigert.

Der Kläger nahm an der Versteigerung teil und erwarb es letztendlich für € 782,00. Die Annahme des Handys verweigerte er jedoch mit der Begründung, dass es sich um ein Plagiat handle. Insoweit stünde ihm nunmehr ein Schadensersatzanspruch in Höhe von € 23.218,00 zu, da die Beschaffung eines entsprechenden Originalhandys ca. € 24.000,00 koste.

Die Klage auf Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten scheiterten in den Vorinstanzen, so dass der Kläger Revision beim Bundesgerichtshof eingelegte.

Der Bundesgerichtshof verwies die Angelegenheit zurück und gab der Vorinstanz auf, zu prüfen, ob das Angebot der Beklagten aus Sicht eines verständigen Empfängers ein Originalgerät der Marke Vertu zum Gegenstand hatte.

Im Rahmen seines Urteils stellte der Bundesgerichtshof lediglich fest, dass der Kaufvertrag nicht wegen Wucher gemäß § 138 I BGB sittenwidrig sei, da bei Versteigerungen eine besondere Verkaufssituation vorliege. Ferner wies das Gericht darauf hin, dass der Startpreis von € 1,00 nicht gegen die Annahme einer Beschaffenheitsgarantie, dass es sich um ein Original Vertu-Handy handle, spreche. Denn auch hier gelte die Besonderheit, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Kauf, sondern um eine Auktion gehandelt habe.

Die Beklagte wird folglich weiterhin zittern müssen. Denn sollte die Vorinstanz zu dem Ergebnis kommen, dass ein verständiger Empfänger von einem Originalhandy hätte ausgehen dürfen, wird diese den Prozess verlieren und neben der eingeklagten Forderung auch die Prozesskosten tragen müssen.

Der Fall macht deutlich, dass gerade bei Internetversteigerungen besonders auf die Beschreibung der Ware geachtet werden muss. Anderenfalls drohen Schadensersatzansprüche.

Die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes zu dem Fall lautet wie folgt:

„Nr. 40/2012

Bundesgerichtshof zur Internetauktion eines Vertu-Handys

Die Beklagte bot auf der Internetplattform eBay im Rahmen einer Auktion unter Hinzufügung eines Fotos ein Handy zum Verkauf unter der Bezeichnung „Vertu Weiss Gold“ ohne Festlegung eines Mindestpreises zu einem Startpreis von 1 € an. Zur Beschreibung heißt es in dem Angebot, dass der Zustand gebraucht sei. Außerdem teilte die Beklagte dazu Folgendes mit:

„Hallo an alle Liebhaber von Vertu

Ihr bietet auf ein fast neues Handy (wurde nur zum ausprobieren ausgepackt). Weist aber ein paar leichte Gebrauchsspuren auf (erwähne ich ehrlichkeit halber). Hatte 2 ersteigert und mich für das gelb goldene entschieden. Gebrauchsanweisung (englisch) lege ich von dem gelb goldene bei, das andere habe ich auch nicht bekommen. Dazu bekommt ihr ein Etui, Kopfhörer und Ersatzakku. Privatverkauf, daher keine Rücknahme. Viel Spaß beim Bieten.“

Der Kläger gab ein Maximalgebot von 1.999 € ab und erhielt für 782 € den Zuschlag. Die Annahme des seitens der Beklagten angebotenen Handys verweigerte er mit der Begründung, dass es sich um ein Plagiat handele. Der Kläger hat behauptet, dass ein Original des von der Beklagten angebotenen Handys 24.000 € koste. Die auf Zahlung von 23.218 € Schadensersatz (24.000 € abzüglich des Kaufpreises von 782 €) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Die dagegen gerichtete Revision des Klägers führte zur Aufhebung des Berufungsurteils. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der zwischen den Parteien zustande gekommene Kaufvertrag entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht als sogenanntes wucherähnliches Rechtsgeschäft gemäß § 138 Abs. 1 BGB* nichtig ist. Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass Rechtsgeschäfte, bei denen ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, dann nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind, wenn weitere Umstände, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung hinzutreten. Auf eine derartige Gesinnung kann beim Verkauf von Grundstücken und anderen hochwertigen Sachen regelmäßig geschlossen werden, wenn der Wert der Leistung annähernd doppelt so hoch ist wie der der Gegenleistung. Von einem solchen Beweisanzeichen kann bei einer Onlineauktion jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Denn die Situation einer Internetversteigerung unterscheidet sich grundlegend von den bisher entschiedenen Fällen, in denen sich in den Vertragsverhandlungen jeweils nur die Vertragsparteien gegenüberstanden.

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann auch eine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass es sich bei dem angebotenen Mobiltelefon um ein Originalexemplar der Marke Vertu handelt, nicht verneint werden. Das Berufungsgericht meint, gegen die Annahme einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1**) spreche „vor allem“ der von der Beklagten gewählte Startpreis der Auktion von 1 €. Diese Begründung trägt nicht. Das Berufungsgericht verkennt, dass dem Startpreis angesichts der Besonderheiten einer Internetauktion im Hinblick auf den Wert des angebotenen Gegenstandes grundsätzlich kein Aussagegehalt zu entnehmen ist. Denn der bei Internetauktionen erzielbare Preis ist von dem Startpreis völlig unabhängig, da er aus den Maximalgeboten der Interessenten gebildet wird, so dass auch Artikel mit einem sehr geringen Startpreis einen hohen Endpreis erzielen können, wenn mehrere Bieter bereit sind, entsprechende Beträge für den Artikel zu zahlen.

Aus diesen Gründen kann dem Berufungsgericht schließlich auch insoweit nicht gefolgt werden, als es den geltend gemachten Schadensersatzanspruch mit der Hilfsbegründung verneint hat, dem Kläger sei der – unterstellte – Mangel der Unechtheit des von der Beklagten angebotenen Mobiltelefons infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB***), weil es erfahrungswidrig sei, dass ein Mobiltelefon mit dem von dem Kläger behaupteten Wert zu einem Startpreis von 1 € auf einer Internetplattform angeboten werde.

Die Sache wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann, auf deren Grundlage das Berufungsgericht in umfassender Würdigung der gesamten Umstände zu beurteilen haben wird, ob das Angebot der Beklagten aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Originalgerät der Marke Vertu zum Gegenstand hatte.

* § 138 BGB: Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

** § 434 BGB: Sachmangel

Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. …

*** § 442 BGB: Kenntnis des Käufers

Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

Urteil vom 28. März 2012 – VIII ZR 244/10

LG Saarbrücken – Urteil vom 21. August 2009 – 12 O 75/09

OLG Saarbrücken – Urteil vom 26. August 2010 – 8 U 472/09 -122
Karlsruhe, den 28. März 2012

(…)“

Quelle: Bundesgerichtshof, Pressemitteilung Nr. 40/2012

« Alle Artikel anzeigen