Häufige Abmahngründe im Bereich Filesharing
Im Rahmen von Filesharing Abmahnungen fordern Rechteinhaberin der Regel die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie die Zahlung von Schadenersatz. Neben den Rechtsanwaltskosten für die Filesharing Abmahnung wird meist auch Schadensersatz auf Grundlage einer sog. Lizenzanalogie gefordert. Schadensersatzansprüche setzen allerdings ein Verschulden des Abgemahnten voraus, d.h. er muss entweder Täter oder Teilnehmer der Rechtsverletzung gewesen sein oder schuldhaft gegen ihm obliegende Sorgfaltspflichten verstoßen haben. Seit dem Jahr 2010 hat der Bundesgerichtshof (BGH) immer wieder zum Thema Filesharing Stellung nehmen müssen.
So urteilte der BGH in der Vergangenheit beispielsweise, dass dem Anschlussinhaber gegenüber volljährigen und minderjährigen Familienmitgliedern sowie Ehegatten keinerlei anlasslose Überwachungspflicht obliegt. Wird der Verstoß also von Familienmitgliedern begangen, haftet der Anschlussinhaber nicht, es sei denn, er hatte konkrete Hinweise auf Rechtsverletzungen in der Vergangenheit.
Nachfolgend finden Sie einen Überblick über relevante Urteile aus dem Bereich Filesharing. Wir weisen der Ordnung halber darauf hin, dass uns nicht bekannt ist, ob sämtliche Urteile in Rechtskraft erstarkt sind. Ferner kann keine Gewähr dafür übernommen werden, dass die Entscheidungen der aktuellen Rechtslage entsprechen.
Haftung Filesharing/ Allgemeines
- Der Anspruch auf Zahlung eines Lizenzschadensersatzes beim Filesharing verjährt gemäß §§ 102 UrhG i. V. m. 852 Abs. 2 erst nach 10 Jahren. (BGH, Urteil v. 12.05.2016, I ZR 48/15-Everytime we touch)
- Eltern müssen ihre minderjährigen Kinder über ein Verbot der Nutzung von Tauschbörsen (Filesharing) belehren. Darüber hinausgehende Maßnahmen (Sperrung des Internets, Kontrolle des Computers, Überwachung der Nutzung) sind ohne Anlass nicht erforderlich. (BGH, Urteil v. 11.06.2015, Az. I ZR 7/14-Tauschbörse II)
- Die pauschale Behauptung, dass theoretisch auch im Haushalt lebende Dritte Zugriff auf den Internetanschluss hatten um Filesharing zu begehen, genügt nicht, um den Anschlussinhaber zu entlasten. (BGH, Urteil v. 11.06.2015, I ZR 75/14-Tauschbörse III)
- Begehen volljährige Familienangehörige über den Anschluss des Anschlussinhabers Rechtsverletzungen durch Filesharing, haftet der Anschlussinhaber nicht, wenn es zuvor keine konkreten Anhaltspunkte für missbräuchliches Verhalten gab. Eine anlasslose Überwachungspflicht von volljährigen Familienangehörigen besteht nicht. (BGH, Urteil v. 08.01.2014, Az. I ZR 169/12- BearShare)
- Es besteht keine anlasslose Überwachungspflicht des Anschlussinhabers gegenüber minderjährigen Kinder. (BGH Urteil v. 15.11. 2012, Az. I ZR 74/12 – Morpheus)
- Bei einer Filesharing Abmahnung greift regelmäßig nicht die Deckelung der Rechtsanwaltskosten gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG. (BGH, Urteile v. 12.05.2016, I ZR 1/15-Tannöd, I ZR 272/14- Die Päpstin).
- Kein Kostenerstattungsanspruch gegen Anschlussinhaber, der weder Täter noch Störer ist und den ermittelten Täter vorgerichtlich nicht nennt (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020, Az. I ZR 228/19)
Haftung / sekundäre Darlegungslast
- Der Anschlussinhaber muss, um sich vom Vorwurf des Filesharings zu entlasten, nachvollziehbar darlegen, welche Personen unter Berücksichtigung des Nutzerverhaltens, der Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers Filesharing zu betreiben. (BGH, Urteil v. 12.05.2016, I ZR 48/15-Everytime we touch)
- Die pauschale Behauptung, dass theoretisch auch im Haushalt lebende Dritte Zugriff auf den Internetanschluss hatten und Filesharing hätten begehen können, genügt nicht, um den Anschlussinhaber zu entlasten. (BGH, Urteil v. 11.06.2015, I ZR 75/14-Tauschbörse III)
- Der Anschlussinhaber trägt bei einer Rechtsverletzung wegen Filesharing über seinen Anschluss eine sog. sekundäre Darlegungslast. Er genügt dieser, wenn er Angaben dazu tätigt, ob und ggfs. wer selbständig Zugang zu dem Internetanschluss hatte. (BGH, Urteil v. 08.01.2014, Az. I ZR 169/12- BearShare)
Schadensersatz beim Filesharing / Höhe
- € 200,00 pro Musiktitel angemessen (BGH, Urteile v. 11.06.2015, I ZR 19/14- Tauschbörse I, I ZR 7/14-Tauschbörse II, I ZR 75/14-Tauschbörse III)
- € 200,00 pro Musiktitel (OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 15.07.2014, Az. 11 U 115/13)
- € 10,00 pro Musiktitel (AG Köln, Urteil v. 10.03.2014, Az. 125 C 495/13)
- € 100,00 für Film (AG Kiel, Urteil v. 30.01.2015, Az. 120 C 155/14)
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der letzten Jahre macht deutlich, dass die Anforderungen an die sog. sekundäre Darlegungslast im Bereich Filesharing verschärft worden sind. Es genügt keinesfalls, dass der Anschlussinhaber pauschal auf Mitnutzer des Anschlusses verweist, die theoretisch ebenfalls Filesharing hätten betreiben können. Es ist vielmehr dezidiert vorzutragen und ggfs. zu beweisen, wer zum Tatzeitpunkt den Internetanschluss uneingeschränkt nutzen und so ohne Wissen und Kenntnis des Anschlussinhabers Filesharing betreiben konnte.
Benötigen Sie Beratung oder Hilfe wegen einer außergerichtlichen Abmahnung der Musik- oder Filmindustrie, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Auch im Rahmen von Klageverfahren vertreten wir gerne Ihre Interessen.
Weitere interessante Informationen zum Thema Filesharing finden Sie u.a. auch unter http://www.abmahnung.org/filesharing/
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