IT-Recht aktuell

Das Medienprivileg und die DSGVO

Mit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung wurde auch das sog. Medienprivileg neu gefasst. Zweck des Medienprivilegs ist es u.a. Journalisten zu ermöglichen ihrer Arbeit möglichst unbeeinflusst von datenschutzrechtlichen Verpflichtungen vornehmen zu können

  1. Journalismus und Datenschutzrecht- ein Widerspruch?

Die DSGVO sieht bei der Erhebung und Speicherung von personenbezogenen Daten umfangreiche Pflichten des Verantwortlichen, u.a. zum Beispiel die Einwilligung betroffener Personen vor. Besonders problematisch erweist sich dies bei investigativem Journalismus, denn die Skandale um Panama Papers etc. wären nie veröffentlicht worden, würde Journalismus an dieser Stelle umfangreichen datenschutzrechtlichen Pflichten unterliegen.

Zu diesem Zweck wurde das sog. Medienprivileg geschaffen. Es soll Journalisten, Rundfunkanstalten und Pressunternehmen von umfassenden datenschutzrechtlichen Verpflichtungen entbinden und Datenschutz auf einen Mindeststandard beschränken.

  1. Regelungen zum Medienprivileg in der DSGVO

Die DSGVO sieht mit Artikel 85 eine sog. Öffnungsklausel für alle Mitgliedstaaten vor. Damit überlasst die DSGVO es den einzelnen Mitgliedstaaten eigene Regelungen zum Datenschutz im Bereich journalistischer, künstlerischer, wissenschaftlicher und literarischer Zwecke zu finden.

  1. Regelungen zum Medienprivileg in Deutschland

In Deutschland finden sich Regelungen zum Medienprivileg nunmehr im Rundfunkstaatsvertrag (§ 9 c, 57 RStV) und in den Pressegesetzen der Länder.

  1. Welche Pflichten bestehen trotz Medienprivileg für Journalisten?

Das Medienprivileg bedeutet keinesfalls, dass Journalisten frei von sämtlichen Verpflichtungen im Hinblick auf Datenschutzrecht sind. In der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags wird zunächst das Datengeheimnis geregelt. In § 57 Abs. 1 RStV heißt es wörtlich:

„Soweit die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF, das Deutschlandradio, private Rundfunkveranstalter oder Unternehmen und Hilfsunternehmen der Presse als Anbieter von Telemedien personenbezogene Daten zu journalistischen Zwecken verarbeiten, ist es den hiermit befassten Personen untersagt, diese personenbezogenen Daten zu anderen Zwecken zu verarbeiten (Datengeheimnis). Diese Personen sind bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort.“

Personenbezogene Daten dürfen also nach dieser Regelung nicht zu anderen als journalistischen Zwecken verarbeitet werden. Zudem sind alle vorgenannten Personen entsprechend auf das Datengeheimnis zu verpflichten.  Der Verantwortlich muss die Verpflichtung auf das Datengeheimnis nachweisen können. Die Verpflichtung sollte also dokumentiert werden.

Neben dem vorgenannten Datengeheimnis gelten zudem –unabhängig vom Medienprivileg-

  • die Allgemeinen Bestimmungen (Kapitel I),
  • die Regelungen zu Rechtsbehelfen, Haftung und Sanktionen (Kapitel VIII),
  • die Regelungen zu Rechtsakten (Kapitel X) und
  • die Schlussbestimmungen (Kapitel XI) der DSGVO

auch für Journalisten, wobei allerdings teilweise Ausnahmeregelungen gibt. So können sich Journalisten beispielsweise –je nach Bundesland- der Aufsicht von Datenschutzbehörden entziehen, in dem sie sich dem Pressekodex des Deutschen Presserates unterwerfen.  Der Pressekodex schützt dann vor den Haftungsregelungen der DSGVO, da er pressespezifische Sanktionen wie die Rüge vorsieht.

  1. Die Vorteile des Medienprivilegs

Die Vorteile des Medienprivilegs sind dennoch vielfältig.

Außerhalb des Journalismus sieht die DSGVO beispielsweise vor, dass grundsätzliche jede Verarbeitung personenbezogener Daten einer Rechtsgrundlage (Einwilligung, Vertrag, etc., Art. 6 DSGVO) bedarf.

Verarbeitet ein Journalist hingegen ausschließlich zu journalistischen Zwecken personenbezogene Daten, bedarf es weder einer Einwilligung des Betroffenen noch einer sonstigen Rechtsgrundlage im Sinne von Art. 6 DSGVO. Die Frage, ob ein Journalist also personenbezogene Daten Dritter verarbeiten darf, richtet sich allein nach einer Abwägung zwischen dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem öffentlichen Informationsinteresse (Pressefreiheit). Überwiegt die Pressefreiheit, darf der Journalist die Daten verarbeiten.

Weiterer Vorteil ist, dass für Journalisten die Regelungen über die Betroffenenrechte nicht gelten. Der Betroffene ist also nicht -wie in anderen Fällen- vor oder bei der Datenverarbeitung über seine Rechte wie Auskunft, Widerspruch, etc. zu informieren.

Gemäß § 9 c Abs. 3, 57 Abs. 2 RStV steht einem Betroffenen zudem gegenüber einem Journalisten zudem nur ein begrenzter Auskunftsanspruch zu. Dieser besteht nur dann, wenn das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen tangiert wird. Stehen berechtigte Interessen des Medienschaffenden (Quellenschutz, etc.) entgegen, kann die Auskunft auch verweigert werden.

  1. Für wen gilt das Medienprivileg?

In der Praxis problematisch ist allerdings die Frage, für wen das Medienprivileg gilt.  Der RStV bezieht sich auf die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF, das Deutschlandradio, private Rundfunkveranstalter, Presseunternehmen und Hilfsunternehmen der Presse.

Unproblematisch fallen also große Medienunternehmen und Rundfunkanstalten unter das Medienprivileg.

Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, ob sich auch Blogger und freie Journalisten auf das Medienprivileg berufen können.  Rechtsprechung zu dieser Thematik gibt es derzeit noch nicht. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Landespressegesetze in Deutschland uneinheitlich sind. Derzeit gilt in acht Bundesländern für Blogger und freie Journalisten uneingeschränkt das Medienprivileg, da in diesen Ländern entsprechende Regelungen in den Landespressegesetzen verabschiedet wurden.

Unter Zugrundelegung des Erwägungsgrundes 153 zur DSGVO dürfte von einem weiten Begriff des Journalismus auszugehen, da dem Recht auf freie Meinungsäußerung Rechnung getragen werden soll.

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