IT-Recht aktuell

Datenschutzgrundverordnung: Wann ist E-Mail-Werbung erlaubt?

Am 25. Mai 2018 wird die Datenschutzgrundverordnung nach zweijähriger Übergangsphase verbindlich. Folge ist, dass das Bundesdatenschutzgesetz in der heutigen Form außer Kraft tritt.

Für Unternehmen stellt sich damit die Frage, welche Änderungen ergeben. Dieser Artikel befasst sich mit dem ohnehin schwierigen Thema der E-Mail-Werbung.

 

1. Bisherige Rechtslage

Derzeit richtet sich die Zulässigkeit von E-Mail-Werbung u.a. nach § 7 UWG, §§ 4, 4 a und 28 BDSG. Tangiert wird also nicht nur Datenschutzrecht, sondern insbesondere auch Wettbewerbsrecht (genauer Lauterkeitsrecht). Ohne Einwilligung eines Bestandskunden dürfen zunächst nur sog. Listendaten zu Werbezwecken genutzt werden. Darunter fallen die Berufs-, Branchen-, oder Geschäftsbezeichnung, Titel, Name, akademischer Grad, Anschrift und Geburtsjahr. E-Mailadressen dürfen unter bestimmten Bedingungen ebenfalls gespeichert werden. Die Frage, ob der Kunde allerdings über diese E-Mail werblich angesprochen werden darf, ist damit nicht beantwortet. Die Frage nach E-Mail-Werbung ohne Einwilligung richtet sich insbesondere nach Lauterkeitsrecht.

Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden im Sinne von § 7 Abs. 3 UWG nur zulässig, wenn

  1. der Unternehmer die E-Mailadresse des Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen erhalten hat und
  2. mit der E-Mail-Werbung Direktwerbung (also Werbung für eigene Waren oder Dienstleistungen) betrieben wird und die Ware / Dienstleistung der zuvor erworbenen ähnlich ist und
  3. der Kunde der Verwendung der E-Mailadresse nicht widersprochen hat und
  4. der Kunde bei der Erfassung der E-Mailadresse und bei jeder Verwendung deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt werden. Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen ist E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung unzulässig und stellt einen abmahnfähigen Verstoß im Sinne des UWG dar.

Der Anwendungsbereich für E-Mail-Werbung ohne Einwilligung des Kunden ist aufgrund des Vorgenannten sehr eng. Aus diesem Grund holen sich Unternehmen häufig Einwilligungen der Kunden für E-Mail-Werbung ein.

Auch nach heutigem Recht sind derartige Einwilligungen jedoch nur rechtswirksam, wenn der Umfang der erteilten Einwilligung konkret und umfangreich beschrieben ist. Zu weit gefasste, ungenaue, intransparente oder unübersichtliche Einwilligungen sind daher häufig unwirksam. Darüber hinaus müssen Einwilligungen stets freiwillig erfolgen. Unerlaubt sind Kopplungen an Leistungen oder versteckte Einwilligungserklärungen im Fließtext. Darüber hinaus verlangt das Lauterkreisrecht eine ausdrückliche Erklärung des Betroffenen. Vorangekreuzte Checkboxen erfüllen diese Freiwilligkeit nicht und ziehen die Unwirksamkeit der Einwilligung für E-Mail-Werbung nach sich.

Um Zweifel an der Einwilligung zu beseitigen, sollte das sog. Double-Opt-In Verfahren genutzt werden. Im Rahmen dieses Verfahrens erhält der Betroffene eine E-Mail (ohne Werbung!), in der wiederum ein Link angeklickt werden kann, um die Einwilligung ausdrücklich zu erklären.

Dass derartige Einwilligungen beweissicher protokolliert werden sollten, versteht sich von selbst.

 

2. Rechtslage ab 25.05.2018

Die DSGV kennt kein Listenprivileg mehr. Dies ist die positive Nachricht. Es entfällt nämlich eine schwammige Regelung, die viele Unsicherheiten mit sich brachte. Doch was ändert sich mit der DSGVO?

Zunächst ist klarzustellen, dass gemäß Artikel 6 DSGVO eine Datenverarbeitung nur rechtmäßig ist, wenn zumindest eine der nachfolgend benannten 6 Bedingungen erfüllt ist:

  1. Es liegt eine Einwilligung des Betroffenen vor. (Artikel 6 Abs.1 lit. a DSGVO)
  2. Die Datenverarbeitung ist zur Erfüllung eines Vertrags mit der betroffenen Partei oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen, die der Betroffene angefragt hat, erforderlich. (Artikel 6 Abs. 1 lit. b DSGVO)
  3. Die Datenverarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt. (Artikel 6 Abs. 1 lit. c DSGVO)
  4. Die Datenverarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen des Betroffenen oder einer anderen Person zu schützen. (Artikel 6 Abs. 1 lit. d DSGVO)
  5. Die Datenverarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse ist oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt. (Artikel 6 Abs. 1 lit. e DSGVO)
  6. Die Datenverarbeitung ist zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht Grundrechte oder Interessen des Betroffenen überwiegen. (Artikel 6 Abs. 1 lit. f DSGVO).

 

Liegt keine Einwilligung in E-Mail-Werbung vor, kommt vorliegend der Erlaubnistatbestand des Artikels 6 Abs. 1 lit. f DSGVO in Betracht. Danach ist die Verarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen des Unternehmers jedenfalls dann erlaubt, wenn nicht Interessen des Betroffenen überwiegen. Dass auch Direktwerbung unter den Begriff der berechtigten Interessen fallen kann, ist Erwägungsgrund 47 Satz 7 der DSGVO zu entnehmen. Hier heißt es wörtlich: „Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.“

Überwiegen folglich nicht die Interessen und Grundrechte des Betroffenen, ist Direktwerbung grundsätzlich nach der DSGVO erlaubt.

Überwiegen dürfte das berechtigte Interesse des Unternehmens regelmäßig bereits dann, wenn der Betroffene erwarten kann, dass seine Daten zu Werbezwecken genutzt werden. Diese Voraussetzung dürfte zu bejahen sein, wenn der Betroffene ordnungsgemäß im Sinne von Artikel 13 Abs. 1 lit. c DSGBO bei der Datenerhebung über die Verwendung seiner Daten sowie über die einschlägigen Rechtsgrundlagen informiert wurde.

Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass nach der DSGVO E-Mail-Werbung grundsätzlich auch ohne Einwilligung erlaubt ist. Liest sich auf den ersten Blick gut, wenn es da nicht noch das UWG und die ePrivacy Richtlinie (RL 2002/58/EG) gäbe.

Im Rahmen des Artikels 13 der ePrivacy-Richtlinie aus 2002 wurden die Mitgliedsstaaten zum Verbot von unaufgeforderter E-Mail-Werbung verpflichtet. Der ePrivacy –Richtlinie ist insoweit zu entnehmen, dass

Vorkehrungen getroffen werden sollen, um die Teilnehmer gegen die Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung, insbesondere durch automatische Anrufsysteme, Faxgeräte und elektronische Post, einschließlich SMS, zu schützen. (…)  Bei solchen Formen unerbetener Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung ist es gerechtfertigt, zu verlangen, die Einwilligung der Empfänger einzuholen, bevor ihnen solche Nachrichten gesandt werden. Der Binnenmarkt verlangt einen harmonisierten Ansatz, damit für die Unternehmen und die Nutzer einfache, gemeinschaftsweite Regeln gelten.

Deutschland ist dieser Verpflichtung durch Schaffung des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG nachgekommen. Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt Werbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen unter Verwendung (…) elektronischer Post, eine unzumutbare Belästigung dar. Nur in den bereits erörterten engen Grenzen des § 7 Absatz 3 Nr. 1 bis 4 UWG ist E-Mail-Werbung ohne Einwilligung erlaubt.

Es stellt sich mithin die Frage, welche Regelung nun vorrangig zu beachten ist. Aus Artikel 95 DSGVO und dem Erwägungsgrund 173 Satz 1 zur DSGVO ergibt sich, dass die DSVGO für alle datenschutzrechtlichen Belange gelten soll, sofern sich nicht besondere Regelungen aus der ePrivacy-Richtlinie ergeben. Die ePrivacy-Richtlinie ist damit sog. lex specialis und geht der DSGVO vor.

Die Bundesrats-Ausschüsse für Verbraucherschutz, Innere Angelegenheit, Recht und Wirtschaft haben am 22.05.2017 ihre Empfehlungen zu dem Entwurf der EU-Kommission für eine neue Privacy-Verordnung vorgelegt. Die Ausschüsse zeichnen ein kritisches Bild zum Entwurf und fordern grundlegende Überarbeitungen, um die vorgenannten Schwierigkeiten und Konkurrenzen zu beheben. Es bleibt hier abzuwarten, wie die EU-Kommission mit den Empfehlungen umgehen wird.

Derzeit ist es jedenfalls so, dass die ePrivacy-Richtlinie aus dem Jahr 2002 der DSGVO vorgeht. Insoweit stellt also § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG eine Regelung dar, die vorrangig zu beachten ist.

3. Fazit:

Trotz der Lockerung der DSGVO im Bereich E-Mail-Werbung, bleiben die strengen Anforderungen des Lauterkeitsrechts einstweilen bestehen. Damit ist E-Mail-Werbung ohne Einwilligung des Betroffenen weiterhin beschränkt auf ähnliche Produkte, die der Kunde zuvor bereits erworben hat. Ob in Zukunft auch im Lauterkeitsrecht eine marketingfreundliche Öffnung erfolgt, bleibt abzuwarten.

Die grundsätzlichen Anforderungen an eine rechtskonforme Einwilligung des Betroffenen bleiben mit der DSGVO bestehen. Neu ist die in Artikel 4 Nr. 11 DSGVO genannte Definition der datenschutzrechtlichen Einwilligung. Neu ist zudem, dass in Zukunft nur noch eine ausdrückliche (opt-in) Einwilligung möglich sein dürfte, denn in Erwägungsgrund 32 Satz 3 wird ausgeführt, dass Stillschweigen, bereits angekreuzte Kästchen oder Untätigkeit des Betroffenen keine Einwilligung darstellt.

4. Was ist zu tun?

Auch, wenn im Hinblick auf die Frage, wann E-Mail-Werbung ohne Einwilligung erlaubt ist, einstweilen alles beim alten bleibt, sollten Unternehmen dennoch bereits jetzt eine Bestandsaufnahme unter Berücksichtigung der DSGVO vornehmen.

Eine Vielzahl in der Vergangenheit eingeholter Einwilligungen zum Zwecke von Direktmarketingmaßnahmen könnte ab 25.05.2018 unwirksam sein.  Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn in den in der Vergangenheit verwendeten Einwilligungserklärungen der Hinweis auf die Möglichkeit des Widerrufs fehlt. Darüber hinaus muss die Einwilligung mit Blick auf die Transparenzanforderungen der DSGVO verständlich gestaltet sein. Hier zeigt sich in der Praxis oft, dass die Texte kaum oder schwer verständlich sind.

Die Anforderungen an eine Einwilligung sind in Artikel 7 DSGVO geregelt. Und auch den Erwägungsgründen sind Auslegungshilfen zu entnehmen.

Nutzen Sie die Zeit bis 25.05.2018, um Ihr Unternehmen auf die DSGVO vorzubereiten.

 


Benötigen Sie Beratung im Bereich des Datenschutzrechts?
Dann kontaktieren Sie mich unter 0221 – 200 517 6.

Gerne stehe ich Ihnen für eine erste Einschätzung zur Verfügung.


« Alle Artikel anzeigen