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Filesharing: BGH verneint Pflicht des Anschlussinhabers Täter der Urheberrechtsverletzung zu nennen

Mit Urteil vom 17. Dezember 2020, Az. I ZR 228/19, hat der Bundesgerichtshof einen Kostenerstattungsanspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten gegen den Anschlussinhaber, der selbst nicht Täter oder Störer einer Filesharing-Urheberrechtsverletzung war, verneint.

Sachverhalt

Am 05. November 2013 wurde übe den Internetanschluss des Beklagten das Computerspiel „Saints Row3“ im Wege des Filesharing öffentlich zum Herunterladen angeboten. Der Internetanschluss des Beklagten versorgte beide Hälften eines Doppelhauses. Die eine Hälfte bewohnte der Beklagte mit seiner Tochter, die andere die Lebensgefährtin des Beklagten mit ihrem Sohn. Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt lebten zudem bei der Lebensgefährtin eine Arbeitskollegin mit zwei Söhnen.

Auf die Filesharing-Abmahnung der Klägerin gab der Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, teilte aber gleichzeit mit, dass er das Spiel nicht öffentlich gemacht und kein Filehsaring betrieben habe. Weitere Hinweise zum Täter gab er nicht, obwohl er bereits in Erfahrung gebracht hatte, dass der ältere Sohn der Arbeitskollegin seiner Lebensgefährting die Urheberrechtsverletzung im Wege des Filesharing begangen hatte.

Im Dezember 2017 hatte die Klägerin Mahnbescheid im Hinblick auf die zu zahlenden Abmahnkosten in Höhe von EUR 984,50 als Teilschadensersatz beantragt.Im streitigen Verfahren hat der Beklagte die Identität des ermittelten Täters offengelegt. Die Klägerin hat schließlich nach Einspruch gegen ein klageabweisendes Versäumnisurteil ihre Klage dahingehend umgestellt, den Beklagten wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Klägerin durch bewusstes Verschweigen des Täters zu verurteilen. Sie hat hilfsweise beantragt, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin die durch die gerichtliche Inanspruchnahem des Beklagten im Streitfall entstandenen Kosten zu erstatten, da dieser vorher den Täter des Filehsarings verschwiegen habe.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihren zuletzt gestellten Feststellungsantrag weiter. Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof urteilte.

 

Die Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof verneinte den Feststellungsanspruch der Klägerin auf materiell-rechtliche Kostenerstattung im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB, weil der Beklagte als Anschlussinhaber nicht verpflichtet gewesen sei, der Klägerin den ihm bekannten Täter der Urheberrechtsverletzung zu benennen. Zwischen den Parteien bestünde keine gesetzliche Sonderverbindung, die Grundlage für eine Aufklärungspflicht des Beklagten sein könne. Es läge auch keine Nebenpflicht in Form einer Aufklärungs- oder Informationspflicht,den Täter einer Filesharingtat zu bennen, vor. Dies gelte insbesondere, wenn der Anschlussinhaber schon in der Unterlassungserklärung bestritten habe, Filesharing begangen und Täter der Verletzung zu sein und die Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegeben habe.

Generell sei zwar nicht ausgeschlossen, dass mit einem Unterlassungsvertrag die Nebenpflicht des Abgemahnten einhergehe, den Abmahnenden über den Täter beim Filesharing zu informieren. Dies gelte aber keinesfalls, wenn der Abgemahnte zum Ausdruck bringe, dass er zu Unrecht abgemahnt worden sei und nur die zur Klaglosstellung des Abmahnenden erforderlichen Pflichten gegenüber diesem übernehmen wolle.In diesem Fall sei die Übernahme von weitergehenden Nebenpflichten abzulehnen.

Ein Anspruch aus § 826 BGb sei gleichfalls ausgeschlossen, weil das Verhalten des Beklagten keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin darstelle.

Auch ein Verschulden bei Vertragsschluss greife nicht, denn die Versendung einer unberechtigten Filesharing Abmahnung begründe für sich genommen noch keine vorvertragliche Beziehung im Sinne von § 311 Abs. 2 BGB. Ohne Bestehen eines gesetzlichen Unterlassungsanspruchs führe die Abmahnung regelmäßig nicht zu einer Sonderbeziehung und darauf bezogenen Pflichten nach § 242 BGB. Der zu Unrecht Abgemahnte sei daher grundsätzlich nicht verpflichtet, den Abmahnenden vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens über den wirklichen Sachverhalt aufzuklären (vgl. BGH, GRUR 1995, 167, 169 [juris Rn. 31] – Kosten bei unbegründeter Abmahnung; BGH, Urteil vom 30. Juli 2015 – GRUR 2016, 406 Rn. 43 = WRP 2016, 331 – Piadina-Rückruf).

Die Stellung des Beklagten als Inhaber des Internetanschlusses, über den die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung im Wege des Filesharing begangen worden sei, begründe für sich genommen keine Sonderverbindung zur Klägerin, die Aufklärungspflichten des Beklagten auslösen könnte.

Auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag verneinte der Bundesgerichtshof. Die Abmahnung des Rechtsinhabers gegen über dem Inhaber eines Internetanschlusses, der für die über diesen begangene Urheberrechtsverletzung nicht verantwortlich sei, stelle auch mit Blick auf die in der Abmahnung enthaltene lnformationsverschaffung keine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag dar.

Quelle: https://www.itm.nrw/wp-content/uploads/Urteil-17.12.20-Saints-Row.pdf

 

 

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