IT-Recht aktuell

Österr. Aufsichtsbehörde: Kein Kopplungsverbot bei Cookie-Einwilligung im Zusammenhang mit Aufruf kostenfreier Artikel

I. Was bedeutet „Kopplungsverbot“ im Sinne der DSGVO?

Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten Betroffener setzt grundsätzlich einen Erlaubnistatbestand voraus. Häufig wird insoweit auf den Erlaubnistatbestand „Einwilligung“ zurückgegriffen. Willigt die betroffene Person in die Datenverarbeitung ein, ist die Datenverarbeitung rechtens. Art. 7 DSGVO regelt insoweit die Bedingungen für eine Einwilligung. Oberstes Gebot ist, dass die Einwilligung freiwillig erteilt werden muss. Bei der Berurteilung der Frage, ob eine Einwilligung freiwillig erteilt wurde, muss gemäß Art. 7 Abs. 4 DSGVO dem Umstand Rechnung getragen werden, ob u.a. die Erfüllung eines Vertrags von einer Einwilligung zu einer Verarbeitung personenbezogener Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags jedoch eigentlich nicht notwendig sind (sog. Kopplungsverbot). Dies bedeutet auf den ersten Blick, dass ein Vertrag nicht von einer Einwilligung in eine Datenverarbeitung abhängig gemacht werden darf,  die nicht zur Durchführung des Vertrags notwendig ist.

Viele Juristen vertraten aufgrund dieses sog. Kopplungsverbots die Auffassung, dass die Konstellation „Daten gegen Leistung“ wie es bspw. häufig bei kostenlosen E-Books oder Teilnahmen an Gewinnspielen üblich ist, seit Inkrafttreten der DSGVO damit grundsätzlich nicht mehr erlaubt sei.

Dem ist die Österreichische Aufsichtsbehörde mit ihrer Entscheidung vom 20.08.2019 nun entgegen getreten.

 

II. Der Sachverhalt

Die Österreichische Aufsichtsbehörde hatte sich mit einer Beschwerde auseinanderzusetzen, bei der ein Verlag Webseitenbesucher vor die Wahl stellte: Entweder erteile der Nutzer eine Einwilligung in werbefinanziertes Tracking und das Setzen von Cookies oder er schließe ein kostenpflichtiges Abonnement ohne Datentracking und Werbung ab, um journalistische Inhalte zu lesen.

Die Einwilligung in das Werbetracking erfolgte über eine Schaltfläche mit der Bezeichnung „OK“ oder indem der Nutzer auf einen Bereich außerhalb des Auswahlfensters klickte. Der Zugang zu den Inhalten wurde dem Nutzer so lange verwehrt, bis er eine Entscheidung getroffen hatte. Bei dem Aufruf der Internetseite selbst wurden zunächst keinerlei Cookies gesetzt.

Der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, dass ihm die journalistischen Artikel kostenfrei zur Verfügung gestellt werden müssten und es datenschutzrechtlich gegen das Kopplungsverbot verstoße, das Angebot an ein Werbetracking zu knüpfen.

 

III. Die Entscheidung zum Kopplungsverbot

Unter dem 20.08.2019 entschied die Österreichische Aufsichtsbehörde, dass kein Verstoß gegen das Kopplungsverbot des Art. 7 Abs. 4 DSGVO vorliegt, wenn unentgeltliche Leistungen von einer Einwilligung in eine Datenverarbeitung gemacht werden, die zur Durchführung des Vertrags nicht notwendig sind. Nach Ansicht der Behörde können folgende Abwägungskriterien bei der Frage nach der Freiwilligkeit einer Einwilligung berücksichtigt werden:

  • Erforderlichkeit
  • Ungleichgewicht
  • vertragscharakteristische Leistung
  • zumutbare Alternativen
  • angemessener Interessenausgleich.

Die Aufsichtsbehörde betonte unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH, dass ein gewisser kommerzieller Erfolg für den Fortbestand eines professionellen Journalismus unverzichtbar sei. Daher sei es dem Vertrag auch im Rahmen der Privatautonomie möglich und erlaubt, jornalistische Inhalte kostenplichtig zur Verfügung zu stellen. Im Ergebnis verneinte die Behörde die Freiwilligkeit hindernde Nachteile, da zumutbare Alternativen für Nutzer bestünden.

Eine ähnliche Rechtsauffassung vertrat übrigens auch das OLG Frankfurt am Main mit Entscheidung vom 27.06.2019, Az. 6 U 6/19). Das OLG Frankfurt hatte über ein Gewinnspiel eines Energieunternehmens zu entscheiden. Der Nutzer konnte an dem Gewinnspiel teilnehmen, wenn er die Einwilligung für Werbeanrufe des Energieunternehmens erteilte. Im Rahmen seiner Entscheidung erklärte das OLG, dass der Deal „Daten gegen Leistung“ bei Gewinnspielen grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken unterliege. Verloren hatte das Energieunternehmen allerdings dennoch, da es die konkrete Einwilligung des Nutzers nicht nachweisen konnte.

IV. Fazit

Das Kopplungsverbot des Art. 7 Abs. 4 DSGVO führt keineswegs dazu, dass die Freiwilligkeit bei dem Modell „Daten gegen Leistung“ nicht mehr gegeben ist. Sowohl bei unentgeltlichen Leistungen als auch bei Gewinnspielen besteht durchaus die Möglichkeit, die Leistung / Teilnahme von einer Einwilligung in Datenverarbeitungsprozesse abhängig zu machen. Letztendlich setzt eine Bewertung jedoch eine Einzelfallprüfung voraus. Relevant ist dabei u.a. auch, ob es Alternativen für den Nutzer gibt. Wer derzeit sicher gehen möchte, sollte ggfs. ein vergleichbares Angebot zumindest auch ohne eine Einwilligung anbieten, so dass für den Nutzer eine echte Wahlmöglichkeit besteht. Darüber hinaus muss transparent informiert werden, dass die Einwilligung eine Gegenleistung darstellt.

Quelle: DSB-D122.974/0001-DSB/2019

 

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