IT-Recht aktuell

Onlineformulare: Alleinige Auswahl der Anrede „Herr/Frau“ ist rechtswidrig.

Verwendet ein Unternehmen Onlineformulare, in denen ausschließlich die Anrede „Herr / Frau“ als Pflichtfeld vorgehalten wird, macht sich das Unternehmen u. U. schadenersatzpflichtig. Dies hat das OLG Frankfurt am Main mit Urteil vom 21.06.2022, Az. 9 U 92/20 entschieden. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass dadurch Personen nicht-binärer Geschlechtszugehörigkeit diskriminiert werden. Die klagende Person könne wegen einer unmittelbaren Benachteiligung im Sinne der §§ 3, 19 AGG aus Gründen des Geschlechts und der sexuellen Identität bei der Begründung und Durchführung von zivilrechtlichen Schuldverhältnissen im Massenverkehr Unterlassung verlangen, begründete das OLG seine Entscheidung.

Geklagt hatte eine Kundin eines Vertriebstochterunternehmens der Deutschen Bahn AG. Die Person war Inhaberin einer BahnCard und wurde in diesbezüglichen Schreiben sowie Newslettern der Beklagten mit der unzutreffenden Bezeichnung „Herr“ adressiert.Sie hatte darüber hinaus im Jahr 2019 eine Bahnfahrkarte an einem Online-Fahrkartenverkauf gekauft. Dort musste sie zwingend auswählen, ob sie Mann oder Frau sei. Dies hielt sie für diskriminierend und klagte mit Erfolg auf Unterlassung und Schadensersatz.

Das OLG Frankfurt am Main bejahte in der Berufungsinstanz die Ansprüche und sprach der Klägerin EUR 1.000,00 Schadenersatz zu. Im Hinblick auf die Umsetzung im Buchungssystem der Deutschen Bahn AG räumte das Gericht eine Umstellungsfrist von 6 Monaten ein, da die Änderung mit erheblichem Aufwand verbunden sei. Keine Umstellungsfrist hat das OLG der Beklagten dagegen gewährt, soweit sich der Unterlassungsanspruch der klagenden Person auf die Ausstellung von Fahrkarten, Schreiben des Kundenservice, Werbung etc. bezieht.

Fazit:

Wer Onlineformulare verwendet, sollte dringend prüfen, ob dort lediglich die Auswahl zwischen „Herr / Frau“ möglich ist. Ist dies der Fall, muss eine dritte Option für nicht-binäre Geschlechter gestaltet werden.

Quelle: Pressemitteilung OLG Frankfurt am Main vom 21.06.2022

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