IT-Recht aktuell

Ansprüche bei unerlaubter E-Mail Werbung

I. Wann ist E-Mail Werbung erlaubt?

E-Mails sind ein beliebtes Werbemittel für Unternehmen, da der Versand günstig und automatisiert erfolgt. Da E-Mails allerdings belästigenden Charakter haben können, gelten strenge rechtliche Regelungen.

 

  1. Wann ist E-Mail Werbung erlaubt?

Im Grundsatz ist E-Mail Werbung nur erlaubt, wenn der Empfänger dem werbenden Unternehmen vor Erhalt ausdrücklich eine entsprechende freiwillige und informierte Erlaubnis (Einwilligung) erteilt hat.  Maßgebliche Norm ist § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, wonach stets eine unzumutbare Belästigung anzunehmen ist,

„(…) bei Werbung unter Verwendung (…) elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.“

 

  1. Was ist „Werbung“?

Der Begriff „Werbung“ wird in diesem Zusammenhang weit ausgelegt. Nicht nur produktbezogene Angebote, sondern auch alle mittelbaren Maßnahmen, die dem Absatz dienen, sind umfasst. Vom Begriff der Werbung sind daher auch Pressemitteilungen, Produktempfehlungen durch Dritte (Tell a friend), Umfragen, Kundenzufriedenheitsanfragen (auch, wenn diese mit der Rechnung übersandt wird; BGH, Urteil v. 10.07.2018, Az VI ZR 225/17).

 

  1. Wie muss in E-Mail Werbung eingewilligt werden?

Die Einwilligung muss informiert,  freiwillig, also ohne Druck und Zwang und ausdrücklich erteilt werden. Erforderlich ist eine gesonderte, nur auf die Einwilligung zur E-Mail Werbung bezogene Zustimmung (BGH, Beschluss v. 14.04.2011, Az. I ZR 38/19). Die Einwilligung darf sich dabei allerdings auch mehrere Werbekanäle beziehen.

Eine Einwilligung über AGB ist rechtens, allerdings nur, wenn der Einwilligungstext optisch deutlich getrennt von anderen Erklärungen dargestellt wird.

„Ausdrücklich“ bedeutet, dass eine Einwilligung nicht durch konkludentes Handeln (Übergabe einer Visitenkarte, etc.) angenommen werden darf.

„Informiert“ bedeutete, dass der Empfänger erkennen kann, mit welcher E-Mail Werbung er rechnen muss. Abstrakte Formulierungen wie „interessante Angebote“ sind unwirksam. Wie konkret Produktkategorien anzugeben sind, hängt allerdings vom Einzelfall ab.

Bei der elektronischen Einwilligung ist die Einwilligung ausschließlich mittels sog. Double-Op-Ins rechtens. Bei einem Double-Opt-In Verfahrens trägt der Werbeemfänger seine E-Mail-Adresse in ein Webformular ein, etwa die Anmeldung zu einem E-Mail-Newsletter, und versendet es an das werbende Unternehmen. Um sicherzustellen, dass die im Formular eingetragene E-Mail-Adresse vom Anmelder stammt, erhält dieser vor Beginn der E-Mail-Werbung eine E-Mail mit einer Beschreibung der Anmeldung und einem Bestätigungslink. Nur wenn der Bestätigungslink angeklickt und so die Berechtigung des Anmelders bestätigt wird, erfolgt eine Freischaltung der Adresse für die eigentliche E-Mail Werbung. Die E-Mail mit dem Bestätigungslink darf selbst keine Werbung enthalten.

 

  1. Wie lange gilt eine erteilte Einwilligung für E-Mail Werbung?

Erteilte Einwilligungen sind nicht zeitlich unbegrenzt gültig. Wird die Einwilligung nicht regelmäßig für E-Mail Werbung genutzt, erlischt sie. Die Fristen sind nicht starr und werden je nach Gericht anderweitig beurteilt. Das LG München bejahte die Ungültigkeit nach 19 monatiger Nichtnutzung, das LG Berlin nahm einen Zeitraum von 2 Jahren und das AG Bonn nach 4 Jahren an.

 

  1. Beweislast für Einwilligung in E-Mail Werbung

Das werbende Unternehmen trägt die Beweislast für die rechtskonforme Einwilligung des Einwilligenden in E-Mail Werbung. Unternehmen ist daher zu raten, die Werbeeinwilligung beweissicher zu dokumentieren und zu archivieren.

Gespeichert werden sollten:

  • E-Mail Anfrage des Anmelders einschließlich Einwilligungstext
  • URL, über die die Anfrage gestellt wurde
  • Datum und Uhrzeit der Anfrage des Anmelders
  • Übermittelte Daten des Anmelders
  • Antwortmail mit Bestätigungslink an die Empfängeradresse
  • Nach Bestätigung vom System generierte Freischaltungsmail (mit Zeitpunkt und IP-Adresse)

 

  1. Gibt es Ausnahmen von dem Einwilligungserfordernis für E-Mail Werbung?

Ja, allerdings nur unter sehr engen Voraussetzungen. E-Mail Werbung ist nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 – 4 UWG ausnahmsweise erlaubt, wenn

  1. der Unternehmer die E-Mail-Adresse des Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen erhalten hat,
  2. mit der E-Mail-Werbung Direktwerbung (also Werbung für eigene Waren oder Dienstleistungen) betrieben wird und die Ware/Dienstleistung der zuvor erworbenen ähnlich ist,
  3. der Kunde der Verwendung der E-Mail-Adresse nicht widersprochen hat und
  4. der Kunde bei der Erfassung der E-Mail-Adresse und bei jeder Verwendung deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ (also gleichzeitig nebeneinander) erfüllt werden. Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, ist E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung unzulässig und stellt einen abmahnfähigen Verstoß im Sinne des UWG dar.

 

II. Welche Ansprüche stehen mir als Empfänger von unerlaubt zugesandter E-Mail-Werbung zu?

  1. Ansprüche als Mitbewerber gegen werbendes Unternehmen

Mitbewerber des werbenden Unternehmens können den Versender aus dem UWG (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG) unmittelbar auf Unterlassung in Anspruch nehmen.  Der Unterlassungsanspruch ist verschuldensunabhängig.

Mitbewerber ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist folglich gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (BGH, Urt. v. 3.5.2007 – I ZR 19/05, GRUR 2007, 978 Tz. 16 = WRP 2007, 1334 – Rechtsberatung durch Haftpflichtversicherer).

Daneben können auch Wettbewerbsverbände Ansprüche geltend machen.

Der Anspruch richtet sich nicht nur auf die konkrete E-Mailadresse, sondern auf die Unterlassung der generellen Zusendung von Werbemails ohne Einwilligung, sofern nicht ausnahmsweise § 7 Abs. 2 UWG greift.

 

  1. Ansprüche eines sonstigen Unternehmens als Empfänger gegen werbendes Unternehmen

Der Empfänger einer unzulässigen Werbemail, der nicht Wettbewerber ist, kann den Versender aus unerlaubter Handlung auf Unterlassung in Anspruch nehmen.  Handelt es sich bei dem Empfänger um ein Unternehmen steht dem Unternehmen ein Anspruch auf Unterlassung analog §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu. Der Bundesgerichtshof hat hierzu mit Urteil vom 14.03.2017 (Az. VI ZR 721/15) ausgeführt:

„Die ohne wirksame Einwilligung an eine geschäftliche E-Mail-Adresse versandte Werbe-E-Mail stellt einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.“

Streitig ist insoweit allerdings, ob sich der Unterlassungsanspruch nur auf die konkret angeschriebene E-Mailadresse oder auf sämtliche E-Mailadressen des Empfängers bezieht.

 

  1. Ansprüche eines Verbrauchers als Empfänger gegen werbendes Unternehmen

Auch die Versendung unerlaubter Werbemails an Verbraucher ist rechtswidrig und stellt einen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verbrauchers dar. Dem Verbraucher steht insoweit ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB zu.

 

  1. Wie hoch sind die Kosten für eine außergerichtliche Abmahnung wegen unzulässiger Zusendung einer Werbemail?

Die Kosten eines Prozesses und der Rechtsanwaltsvergütung hängt vom Gegenstandswert der Angelegenheit ab. Bedauerlicherweise existieren zu dieser Thematik eine Vielzahl abweichender Unterlassungsstreitwerte. Das OLG Hamm legte € 100,00 als Streitwert bei einer irrtümlich versandten E-Mail an eine Privatperson zugrunde.

Von einem Streitwert in Höhe von € 1.000,00 gingen in der Vergangenheit das OLG München, das LG München, das LG Potsdam, das OLG Hamm und das LG Detmold aus.

Das OLG Köln hielt mit Beschluss vom 22.05.2009, Az. 19 W 5/09 einen Streitwert von € 1.500,00 für angemessen, das AG Berlin und Bonn hingegen € 2.000,00.

Mit Beschluss vom 30.11.2004, Az. 6 W 9/16 nahm das OLG Frankfurt einen Streitwert in Höhe von € 3.000,00 an. Der Bundesgerichthof ließ ebenfalls einen Streitwert von € 3.000,00 unbeanstandet (BGH, Beschluss v. 30.11.2004, Az. VI ZR 65/04).

Das LG Dresden hingegen bejahte mit Urteil vom 30.10.2009, Az. 42 HKO 36/09 einen Streitwert von € 7.500,00.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass der Abmahnende aufgrund der divergierenden Streitwerte nie sicher sein kann, ob er seine außergerichtlichen Abmahnkosten in der vollen Höhe vom Gegner erstattet erhält. Grundsätzlich besteht ein Erstattungsanspruch stets, fraglich ist aber die Höhe der zu erstattenden Gebühren.

 

  1. Welche Rechte stehen mir zu, wenn mir nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erneut unerlaubt Werbung per Mail zugeschickt wird?

Verstößt der Werbende nach Abgabe einer Unterlassungserklärung erneut unerlaubt eine Werbemail an den Empfänger, darf dieser die Zahlung einer Vertragsstrafe verlangen. Das OLG Hamm verurteilte den Versender zu einer Vertragsstrafe von € 3.000,00, wobei es sich bei beiden Parteien um Kaufleute handelte (OLG Hamm, Urteil v. 25.11.2016, Az. 9 U 66/15).

 

 


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