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EuGH: Trotz erbrachter Dienstleistung entfällt Zahlungsanspruch, wenn der Kunde den Vertrag berechtigterweise widerruft!

Der Europäische Gerichtshof hat am 17.05.2023, Az. C-97/22, entschieden, dass bei einer fehlenden Widerrufsbelehrung über das Widerrufsrecht bei einem außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsverträgen der Kunde die bereits erbrachte Dienstleistung nicht bezahlen muss.

Seit Juni 2014 haben Verbraucher in der Regel bei allen Verträgen, die außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmens geschlossen werden, ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Die Widerrufsfrist beginnt jedoch erst zu laufen, wenn der Verbraucher über die Widerrufsbelehrung informiert wurde. Fehlt eine Widerrufsbelehrung, erlischt das Widerrufsrecht spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss soweit nichts anderes bestimmt ist, § 355 Abs. 2  BGB.

Der EuGH hat nun entschieden, dass der Unternehmer, der versäumt seinen Kunden über das Widerrufsrecht zu belehren, keinen Vergütungsanspruch für erbrachte Dienstleistungen hat, wenn der Kunde den Vertrag innerhalb dieser Frist widerruft.

Dem Urteil lag folgender Rechtsstreit zugrunde:

Im Oktober 2020 schlossen der Unternehmer und der Kunde einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation seines Hauses, ohne dass der Kunde über sein Widerrufsrecht unterrichtet worden war. Nach Erbringung der Leistung stellt der Unternehmer die Leistung im Dezember 2020 in Rechnung. Der Unternehmer trat seine Forderung im März 2021 ab, weil der Kunde die Rechnung nicht beglich. Zwei Tage nach der Abtretung widerrief der Kunde den Vertrag schließlich. Der Abtretungsempfänger der Forderung klagte die Forderung schließlich beim Landgericht Essen ein. Dieses legte die Angelegenheit dem Europäischen Gerichtshof vor.

Die Vorlagefrage betraf die Frage, ob ein Unternehmer, dem zwar nach dem gesetzlichen Wortlaut kein Wertersatz zustehe dennoch die Zahlung der erbrachten Leistung fordern könne, weil der Kunde durch die bereits erbrachte Dienstleistung einen Vermögenszuwachs erhalten habe.  Das LG Essen wollte folglich im Wesentlichen wissen, ob ein Verbraucher wirklich von jeder Verpflichtung zur Vergütung der Leistung befreit sei, wenn er ohne Widerrufsbelehrung sein Widerrufsrecht ausübe, da er ggfs. um die tatsächlich erbrachten Leistungen „ungerechtfertigt bereichert“ sei. Das Gericht hatte insoweit Bedenken, ob die Widerrufsregelung nicht gegen das Verbot der ungerechtfertigten Bereicherung verstoße.

Der EuGH urteile verbraucherfreundlich und schlug dem Unternehmer trotz umfangreicher Leistungen jeden Anspruch auf Vergütung ab. Das Widerrufsrecht diene dem Verbraucherschutz. Der Verbraucher werde insoweit von jeder Verpflichtung zur Vergütung einer Leistung befreit, wenn er nicht über sein Widerrufsrecht belehrt werde und anschließend innerhalb der gesetzlichen Frist vom Widerrufsrecht Gebrauch mache.

Quelle: Info CURIA Rechtsprechung

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