IT-Recht aktuell

LG Rostock bejaht Unterlassungsanspruch bei „Nudging“ über Cookie-Banner

Das LG Rostock hat mit Urteil vom 15.09.2020, Az. 3 O 762/19, Stellung zu einem Cookie-Banner genommen, bei dem der „Cookies zulassen“-Button  im Verhältnis zu verweigernden Buttons gestalterisch optisch deutlich hervorgehoben war. Im Ergebnis hat es geurteilt, dass keine informierte und freiwillige Einwilligung vorliegt, wenn in Form des sog. „Nudgings“ eine Einwilligung über ein Cookie-Banner herbeigeführt werde, ohne dass der Nutzer erkennbar die Information erhalte, welche konkreten Cookies er mit Anklicken einer bestätigenden Schaltfläche im Rahmen eines Cookie-Banners aktiviere.

Der Sachverhalt

Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbrauchzentrale Bundesverband e.V. gegen den Plattformbetreiber eines Anwaltsuchdienstes. Dieser hielt zwar ein Cookie- Banner zwecks Einwilligungserteilung in das Setzen von Cookies vor. Das Cookie–Banner entsprach jedoch nach Auffassung des Gerichts nicht den Anforderungen an eine freiwillige und informierte Einwilligung gemäß Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL in Verbindung mit § 15 Abs. 3 S. 1 TMG. So wurde dem Nutzer zunächst ein häufig genutztes Cookie-Banner angezeigt, bei dem der Nutzer über einen grün unterlegten „OK“ Button seine Einwilligung erteilen konnte. Wollte er die Einwilligung indes verweigern, musste er einen farblich nicht unterlegten Button mit der Bezeichnung „Details anzeigen“ anklicken. Nach Anklicken dieses Buttons gelangte man zu einzelnen Kategorien verwendeter Cookies mit den Bezeichnungen „Notwendig“, „Präferenz“, „Statistik“ und „Marketing“. Diese Kästchen waren vorangekreuzt, so dass der Nutzer bei Verweigerung seiner Einwilligung die Häkchen entfernen musste (sog. Opt-Out).

Nachdem der Plattformbetreiber außergerichtlich abgemahnt worden war, änderte er sein Cookie-Banner dergestalt, als dass nun ein grau unterlegter Button mit der Bezeichnung „Nur notwendige Cookies verwenden“, ein grün hervorgehobener Button „Cookies zulassen“ und ein farblich nicht unterlegter Button „Details anzeigen“ vorgehalten wurde.  Auch bei dieser Variante waren alle Cookies im Fälle des Anklickens „Cookies zulassen“ vorausgewählt und wurden durch Bestätigung des grün unterlegten „Cookies zulassen“- Buttons „aktiviert“.

Es kam zwischen den Parteien schließlich zu einem Rechtsstreit vor dem LG Rostock, in dessen Rahmen der klagende Verband u.a. Unterlassung vom Plattformbetreiber forderte und mit diesem Antrag obsiegte.

Das Urteil

Das LG Rostock bejahte im Ergebnis den gerichtlich geltend gemachten Unterlassungsanspruch und befand auch die zweite Variante des Cookie-Banners als nicht ausreichend zur Erteilung einer Einwilligung für Cookies Dritter zu Analyse- und Marketingzwecken.

Zum Verhältnis DSGVO und ePrivacy Richtlinie teilte es unter Berufung auf aktuelle BGH-Rechtsprechung mit, dass die DSGVO aufgrund der nach Art. 95 DSGVO bestehenden Sperrwirkung von Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL nicht direkt anwendbar sei, allerdings ergäben sich der Inhalt der Informations- und Aufklärungspflichten gleichwohl aus den Regelungen der DSGVO. Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL verweise auf die Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG), die wiederum auf Art. 94 Abs. 2 DSGVO als Rechtsfolgenverweisung auf die DSGVO zu verstehen sei. Im Ergebnis seien die Normen der DSGVO daher heranzuziehen.

Im Rahmen des Rechtsstreits stellte das Gericht klar, dass Daten gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a) DSGVO rechtmäßig verarbeitet werden müssten. Rechtmäßig sei eine Verarbeitung dann, wenn mindestens eine der in Art. 6 Abs. 1 DGVO genannten Bedingungen erfüllt sei.

Die Verwendung der vom Plattformanbieter genutzten Cookies seien insoweit einwilligungsbedürftig. Dies ergebe sich aus § 15 Abs. 3 TMG, der dahingehend rechtskonform ausgelegt werden müsse, dass Diensteanbieter Cookies zur Erstellung von Nutzungsprofilen für Zwecke der Werbung oder Marktforschung nur mit Einwilligung des Nutzers einsetzen dürfe (vgl. BGH, GRUR 2020,891- Cookie-Einwilligung II). Eine wirksame Einwilligung sei jedoch bei der ersten Variante des Cookie-Banners (Opt-Out Variante) nicht geeignet wirksam in die Datenverarbeitung einzuwilligen. Dies habe der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH, a. a. O.).

Auch die Änderung des Cookie-Banners durch den Plattformbetreiber sei nicht geeignet die Wiederholungsgefahr wirksam auszuräumen, denn auch dieses Cookie-Banner sei nicht im Sinne der DSGVO rechtskonform gestaltet.

„Einwilligung“ bedeute eine in informierter Weise unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gebe, dass sie mit der Datenverarbeitung einverstanden sei. Zwar habe der Verbraucher die Möglichkeit sich Details zu den einzelnen Cookies Dritter anzeigen zu lassen und einzelne Cookies abzuwählen. Tatsächlich werde der Verbraucher jedoch regelmäßig den Aufwand eines solchen Vorgehens scheuen und deshalb den Button ohne vorherige Information über die Details bestätigen. Damit wisse der Verbraucher dann gerade nicht, welche Tragweite seine Erklärung bei Anklicken des Cookie-Buttons „Cookie zulassen“ habe.

Das Gericht stellte weiter fest, dass auch die Möglichkeit, die Einwilligung über den Button „Nur notwendige Cookies verwenden“ auf technisch notwendige Cookies zu beschränken, an dieser Beurteilung nichts ändere. Die Schaltfläche sei schon nicht als anklickbar zu erkennen, weil sie grau unterlegt sei. Zudem trete sie neben dem grün unterlegten und damit als vorbelegt erscheinenden Button „Cookie zulassen“ in den Hintergrund. Diese Möglichkeit werde von Verbrauchern daher schon nicht als gleichwertige Einwilligungsmöglichkeit wahrgenommen. Daran ändere auch der Einleitungstext nichts, da dieser nicht darüber aufkläre, welche Cookies vorangekreuzt seien und mit Betätigung des Buttons aktiviert würden.

Das LG Rostock sah eine Einwilligung damit als nicht wirksam erteilt an.

In diesem Zusammenhang stellte das Gericht weiter fest, dass -ausgehend von der Verkennung der Notwendigkeit der Einwilligung- der Plattformbetreiber auch den falschen Rechtsfertigungsgrund im Datenschutzhinweis angegeben habe. Insoweit sei auch die Angabe mehrerer Rechtsgrundlagen nicht „präzise“ im Sinne des Art. 12 Abs. 1 S. 1 DSGVO.

Dem Urteil ist weiter zu entnehmen, dass das LG Rostock den Hinweis über das Widerrufs- und Widerspruchsrecht im Rahmen des Datenschutzhinweises als ausreichend erachtete. Es führt insoweit aus, dass dieser Hinweis nicht unmittelbar am Cookie-Banner erfolgen müsse.

Im Rahmen der Nutzung von Google Analytics handle es sich darüber hinaus auch nicht -wie im Rahmen des Datenschutzhinweises- bezeichnet um eine Auftragsverarbeitung, sondern um eine gemeinsame Verantwortlichkeit.

Fazit

Als Fazit kann dem Urteil entnommen werden, dass derzeit zahlreiche Cookie-Banner aufgrund ihrer optischen Gestaltung in Form des sog. Nudgings unwirksam und damit abmahnfähig sein dürfen. Nudging meint insoweit die Verwendung einer Methode, bei der versucht wird, das Verhalten eines  Menschen auf vorhersagbare Weise zu beeinflussen, ohne auf Verbote oder Gebote zurückzugreifen.

Wer Cookies Dritter zu Analyse- und / oder Marketingszwecken nutzt, sollte Cookie-Banner rechtskonform gestalten. Das „Überlisten“ des Betroffenen über optische Anreize und die pauschale Aktivierung verschiedener Cookies durch Opt-In ist -jedenfalls nach Auffassung des Gerichts- rechtswidrig. Es bleibt abzuwarten, ob und wann Datenschutzbehörden derartige Cookie-Banner mit Bußgeldern belegen.

 

 

 

 

 

 

 

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